Arbeitslosigkeit und Menschenrechte.
Die
Nachfrage nach Arbeitskraeften ist an den Besitz von Zahlungsmitteln
gebunden.(l)
Bedarf
an Arbeitsprodukten ist im Uebermass vorhanden.
An
Arbeitswilligen, Maschinen und Rohstoffen fehlt es nicht.
Es
fehlt jedoch an Zahlungsmitteln, um die produzierten Gueter auszutauschen.
Daher werden die Arbeitslosen erst gar nicht beschaeftigt und der Bedarf bleibt
ungestillt. (2)
Die
Beseitigung der Arbeitslosigkeit ist eine Geldfrage! (3)
Ohne
Zahlungsmittel koennen keine Loehne gezahlt werden!
Warum
fehlen die Zahlungsmittel, wenn sie doch nichts weiter als Austauschmittel
zwischen den von A, B, C, D produzierten Guetern sind? Es hat sich eine Stelle
dazwischengeschaltet die sagt: "Ihr duerft nur soviel untereinander
austauschen, wie ich euch Zahlungsmittel - bedrucktes Papier - dafuer gebe.
Wenn durch dieses Verfahren ein grosser Teil von Euch arbeitslos bleibt oder
arbeitslos wird, das ist mir, der Zentralnotenbank, ganz egal. Die Hauptsache
ist, mein Monopol wird aufrechterhalten. (11) Solltet Ihr es wagen, euch eigene
Zahlungsmittel zu verschaffen, selbst euch dadurch Arbeit zu verschaffen, so
ruecke ich mit Polizeigewalt an, hindere euch und bestrafe euch exemplarisch.
Wehe, wenn es einer versucht, mein Geldmonopol brechen zu wollen! (5) Ich, die
Zentralnotenbank, behalte mir das Recht vor, jederzeit eine Inflation zu
machen, indem ich jedermann zwinge mein wertloses Papier bei Lohnzahlungen oder
als Kaufpreis zum Nennwert anzunehmen, auch wenn die Preise dadurch noch so in
die Hoehe klettern. Ich, die Zentralnotenbank, bestehe daher auf dem Zwangskurs
meines Papiergeldes! (5)
Ich,
die Zentralnotenbank, behalte mir weiterhin das Recht vor, jederzeit eine
Deflation zu machen. Wenn es mir gerade passt, liefere ich nur eine DM fuer
saemtliche Lohnzahlungen in Deutschland und wenn dadurch auch nicht ein
einziger Arbeiter beschaeftigt werden kann. Ich bestehe auf meinem Geldmonopol
und werde jeden verhindern, sich durch Ausgabe eigener Zahlungsmittel selbst
Arbeit zu verschaffen. (6)
Die
Zentralnotenbank ist nicht faehig, den Bedarf an Zahlungsmitteln ueberall zu
stillen, genauso wenig wie eine zentrale Grossbaeckerei ganz Deutschland mit
frischen Schrippen versorgen koennte!(7)
Sie
ist unfaehig ihre Aufgaben zu erfuellen, das zeigt sich seit Jahrzehnten in den
Millionen von Arbeitslosen!
Die
Zentralnotenbank verstoesst aufs schaerfste gegen unser Menschenrecht auf
Arbeit! (8)
Menschenrecht
bricht Staatsrecht sagte kuerzlich Bundespraesident Prof. Dr. Theodor Heuss!
(E.K.? J.Z.?)
1.)
Schon recht, ganz besonders wichtig ist aber, dass moeglichst viel Arbeitgeber
ihre Rohstoffe, etc. mit Verrechnungswechseln bezahlen, damit die zu ihnen als
Zahlungsmittel zurueckkehren, ihnen Ware abgenommen wird.
Das
Zweite ist: Darlehen der Laeden zu Entlohnungszwecken an die Arbeitgeber,
gewaehrt in Verrechnungsscheinen, die in den Laeden wie Bargeld genommen
werden. Wenn das alles den Lesern nicht deutlich und an Beispielen vorgetragen
wird, dann verstehen sie die Sache nicht. Hier liegt aber die Schwaeche des
Systems: so einfach es im Grunde ist, so erfordert es doch lange Reden, und die
mag niemand hoeren. (1855 haetten es sogar Professoren begriffen und zwar
sofort.)
2.)
Das bestreiten die Professoren, und sie verweisen auf die mehr als 12
Milliarden Noten. Die Professoren erkennen nicht, dass ein Geldschein, der in
Hamburg kursiert, damit in Augsburg noch keinen Austausch vermittelt. Um
darzulegen, dass die Zahlungsmittel zur rechten Zeit am rechten Ort an die
rechten Leute gelangt sein muessen, dass das aber keine Zentralnotenbank
veranlassen kann (das Warum waere auch noch darzulegen),
erfordert abermals lange Reden.
3.)
Anstatt "Geldfrage" wuerde ich lieber sagen: Eine Frage des
Vorhandenseins von Zahlungsmitteln zur rechten Zeit am rechten Ort bei denen,
von welchen die Nachfrage ausgeht. Zwischen Geld und Zahlungsmittel
unterscheiden!
4.)
Da sagen nun viele: Ja - - das ist natuerlich schlimm, aber es muss nun
mal sein!! Nur so wird eine Inflation vermieden! Die Ordnung im
Zahlungsverkehr' ist nicht ohne Opfer erkauft!
5.)
99 % der Leser sagen: Da hat die Zentralnotenbank auch ganz recht. Die
Darlegung, weshalb die Notenbank hier nicht nur Unrecht hat, sondern sogar die
Menschenrechte verletzt, ist unvermeidlich lang; das ist die Schwaeche des
Systems.
6.)
Als Schacht im April 1924 eine graeuliche Deflation veranstaltete, da war der Beifall
ganz allgemein. Die Zeitungen sprachen von der Reinigungskrise, die der
grosse Mann veranstaltet haette. Die Arbeiter aber, die ja Aufsaetze ueber das
Geldwesen nicht lesen, die sagten: es bleibt also doch nur das russische
System. Sehr viele sagten auch: Natuerlich - - wieder die Juden! (Es war
auch bekannt geworden, dass Schacht zu den Freimaurern gehoerte. Das
"erklaerte" vielen Vieles.)
7.)
Richtig! Der Durchschnittsmensch sagt aber: Die Bank hat doch Filialen!!!!
Hierauf einzugehen ist gar nicht leicht.
8.)
Jawohl, aber Darlegung? es ist ja ein voellig neuer Gedanke, den z.B. alle
Professoren, Rittershausen ausgenommen, ablehnen werden.
Bth.
24.8.54.
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First published in: Ulrich von
Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe,
Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 428-467 (Mikrofiche), Berrima,
Australia, 1983. Page 3029.